Volltext
Im Rahmen der Betreuung wird dem Betroffenen ein Betreuer zur Seite gestellt, der für ihn handelt und ihn vertritt. Der Betreuer wird vom Betreuungsgericht bestellt. Die Betreuung darf nicht länger als notwendig dauern. Spätestens nach sieben Jahren muss über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuerbestellung entschieden werden.
Voraussetzungen
Der Betroffene ist aufgrund körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung oder aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht in der Lage, seine Angelegenheiten selbst zu regeln.
Verfahrensablauf
Einleitung des Verfahrens
Der Betroffene selbst kann einen Antrag auf Bestellung eines Betreuers stellen. In allen anderen Fällen entscheidet das Betreuungsgericht auch ohne Antrag des Betroffenen von Amts wegen. Dritte (z.B. Familienangehörige oder Nachbarn) können eine rechtliche Betreuung formlos beim Betreuungsgericht anregen.
Stellung des Betroffenen
Der Betroffene ist in jedem Fall verfahrensfähig, das heißt, er kann selbst Anträge stellen und Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen einlegen. Deshalb ist der Betroffene vom Betreuungsgericht über den möglichen Verlauf des Verfahrens zu unterrichten. Alle Entscheidungen des Betreuungsgerichts müssen dem Betroffenen bekannt gegeben werden.
Ist der Betroffene nicht in der Lage, seine Interessen selbst wahrzunehmen, bestellt ihm das Betreuungsgericht einen Verfahrenspfleger für das Verfahren. Er soll den Betroffenen im Verfahren unterstützen (z.B. ihm die einzelnen Verfahrensschritte, den Inhalt der Mitteilungen des Betreuungsgerichts und die Bedeutung der Angelegenheit erläutern). Der Verfahrenspfleger hat auch dem Gericht die Wünsche des Betroffenen mitzuteilen. Als Verfahrenspfleger können beispielsweise Vertrauenspersonen aus dem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis sowie Mitarbeiter von Betreuungsvereinen, Sozialarbeiter oder Rechtsanwälte bestellt werden.
Das Betreuungsgericht hat in Betreuungssachen den Betroffenen vor bestimmten Entscheidungen, etwa der erstmaligen Bestellung eines Betreuers, der Erweiterung von dessen Aufgabenkreis oder seiner Entlassung gegen den Willen des Betroffenen - von wenigen Ausnahmefällen abgesehen - persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen. Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass der Vormundschaftsrichter sich hinreichend über die Persönlichkeit des Betroffenen informiert.
Den unmittelbaren Eindruck soll sich das Betreuungsgericht in der üblichen Umgebung des Betroffenen verschaffen, wenn er es verlangt oder wenn es der Sachaufklärung dient. Gegen seinen Willen soll der Betroffene jedoch nicht in seiner Privatsphäre gestört werden. Widerspricht er daher einem Besuch des Betreuungsrichters, findet die Anhörung in den Amtsräumen statt.
Der Anhörungstermin muss, sofern ein Verfahrenspfleger bestellt ist, in dessen Gegenwart durchgeführt werden. Das Betreuungsgericht kann auch bereits in dieser Phase des Verfahrens einen Sachverständigen hinzuziehen. Auf Wunsch des Betroffenen kann eine Person seines Vertrauens teilnehmen. Weiteren Personen kann das Gericht die Anwesenheit gestatten, jedoch nicht gegen den Willen des Betroffenen.
Das Ergebnis der Anhörungen, das Sachverständigengutachten oder das ärztliche Zeugnis sowie die Person des Betreuers und dessen etwaiger Aufgabenbereich werden mit dem Betroffenen erörtert, soweit dies zur Gewährung des rechtlichen Gehörs oder zur Sachaufklärung notwendig ist (sogenanntes Schlussgespräch). Das Schlussgespräch kann mit der persönlichen Anhörung des Betroffenen verbunden werden.
Beteiligung Dritter
Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht die sonstigen Beteiligten anzuhören.
Die Betreuungsbehörde erhält Gelegenheit zur Äußerung, wenn der Betroffene dies verlangt oder wenn es der Sachaufklärung dient. In der Regel sollen auch Ehegatten, Eltern, Pflegeeltern und Kinder Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Auf Verlangen des Betroffenen hat das Gericht eine ihm nahestehende Person anzuhören, sofern dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist.
Sachverständigengutachten
Ein Betreuer darf - von Ausnahmefällen abgesehen - nur bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt darf nur dann angeordnet werden, wenn ein Sachverständigengutachten über die Notwendigkeit und den Umfang der Betreuung sowie die voraussichtliche Dauer der Hilfsbedürftigkeit eingeholt wurde. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.
Der Sachverständige ist verpflichtet, vor der Erstattung seines Gutachtens den Betroffenen persönlich zu untersuchen und zu befragen. Das Gutachten muss zum Krankheitsbild, zur Krankheitsentwicklung, zu den durchgeführten Untersuchungen, zum körperlichen und psychiatrischen Zustand des Betroffenen sowie zum Umfang des Aufgabenkreises und zur Dauer der Maßnahme Stellung nehmen.
Entscheidung
Das zuständige Betreuungsgericht entscheidet nach Durchführung der erforderlichen Anhörungen und Ermittlungen. Kommt das Gericht zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für eine Betreuerbestellung vorliegen, bestellt es den Betreuer und legt gleichzeitig den Zeitpunkt fest, zu dem spätestens über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuerbestellung zu entscheiden ist.
Die Entscheidung wird dem Betroffenen, dem Betreuer, dem Verfahrenspfleger und der Betreuungsbehörde bekannt gegeben. Wirksamkeit erlangt die Entscheidung in der Regel mit der Bekanntgabe an den Betreuer.
Der Betreuer wird vom Betreuungsgericht mündlich verpflichtet - er erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Diese Urkunde dient als Ausweis für die Vertretungsmöglichkeit. Wenn der Betreuer nicht persönlich bekannt ist, ist sie zusammen mit dem Personalausweis zu verwenden, da sie kein Lichtbild enthält. Die Urkunde sollte nicht im Original an Dritte übersandt werden, Ablichtungen oder beglaubigte Ablichtungen reichen dafür in der Regel aus. Aus der Urkunde ergibt sich, für welche Aufgabenkreise der Betreuer bestellt ist. Nach Beendigung der Betreuung ist die Urkunde an das Betreuungsgericht zurückzugeben.
Einstweilige Anordnung
Das beschriebene Verfahren, das eine umfassende Ermittlungstätigkeit des Vormundschaftsrichters erfordert, nimmt gewisse Zeit in Anspruch. Häufig muss jedoch rasch gehandelt werden. Dann kann in einem vereinfachten Verfahren durch einstweilige Anordnung ein vorläufiger Betreuer bestellt, ein vorläufiger Einwilligungsvorbehalt angeordnet, ein Betreuer entlassen oder der Aufgabenkreis des bestellten Betreuers vorläufig erweitert werden. Eine solche Eilmaßnahme ist allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und darf keinesfalls länger als ein Jahr bestehen bleiben. In besonders eiligen Fällen kann das Betreuungsgericht anstelle eines Betreuers, solange dieser noch nicht bestellt ist oder wenn er seine Pflichten nicht erfüllen kann, selbst die notwendigen Maßnahmen treffen.
Rechtsmittel
Als Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Betreuungsgerichts kommen in Betracht:
- Beschwerde, die Beschwerdefrist beträgt grundsätzlich einen Monat und beginnt mit schriftlicher Bekanntmachung des Beschlusses; für Beschwerden gegen einstweilige Anordnungen und gegen Beschlüsse, die die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand haben, gilt eine Beschwerdefrist von nur zwei Wochen
- Erinnerung, falls der Rechtspfleger entschieden hat und bei einer Entscheidung durch den Richter diese nicht anfechtbar wäre
Welches Rechtsmittel im Einzelfall in Betracht kommt, wo und auf welche Weise es einzulegen ist, ergibt sich aus der Rechtsmittelbelehrung, die das Betreuungsgericht bestimmten Entscheidungen beizufügen hat. Über die Beschwerde entscheidet das Landgericht. Gegen die Entscheidung des Landgerichts über die Beschwerde ist wiederum die Rechtsbeschwerde zulässig, sofern das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. In Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung der Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts ist die Rechtsbeschwerde ohne Zulassung statthaft. Rechtsbeschwerdegericht ist der Bundesgerichtshof. Es besteht Anwaltszwang.
Fristen
Keine
Fachlich freigegeben durch
Dieser Text wurde freigegeben durch das Justizministerium
Fachlich freigegeben am
Zuständige Stelle
an das Betreuungsgericht, in dessen Bezirk der Betroffene zur Zeit der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt, also seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt hat.
Eine Liste sämtlicher Gerichte finden Sie unter nachfolgendem Link.