Ehrenamtlicher Richter beim Finanzgericht

Ehrenamtlicher Richter beim Finanzgericht

 

Volltext

Die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter an der Rechtsprechung ist ein

wesentliches Element deutscher Gerichtsbarkeit. Ihr kommt als praktische

Umsetzung des Demokratieprinzips große Bedeutung zu. Die ehrenamtlichen Richter

sollen die in ihrem täglichen, beruflichen und sozialen Umfeld gewonnenen

Erfahrungen, Kenntnisse und Wertungen in die Verhandlungen und die gemeinsame

Beratung einbringen und damit die stärker juristisch geprägte Sichtweise der

Berufsrichter sinnvoll ergänzen.

In der Finanzgerichtsbarkeit entscheiden die Senate der Finanzgerichte

regelmäßig in der Besetzung mit drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen

Richtern. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei

Gerichtsbescheiden wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit. Dasselbe gilt,

wenn der Senat von seiner Befugnis Gebrauch macht, in einfach gelagerten Fällen

ohne grundsätzliche Bedeutung den Rechtsstreit durch Beschluss im vorbereitenden

Verfahren einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung zu

übertragen. Hinzu kommt, dass sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch

den Vorsitzenden oder den bestellten Berichterstatter einverstanden erklären

können. In diesem Fall wirken die ehrenamtlichen Richter und die anderen

Berufsrichter des Senats im Verfahren nicht mehr mit, wenn der Vorsitzende oder

der bestellte Berichterstatter von der Einverständniserklärung der Beteiligten

Gebrauch macht. Beim Bundesfinanzhof in München wirken ebenfalls keine

ehrenamtlichen Richter mit.

Ehrenamtliche Richter sind, wie die Berufsrichter, nur dem Gesetz

unterworfen. Sie unterliegen bei der Rechtsfindung keinen Aufträgen oder

Weisungen und sind zu absoluter Neutralität verpflichtet. Sie haben in der

mündlichen Verhandlung und in der Urteilsfindung die gleichen Rechte und die

gleiche Verantwortung wie die Berufsrichter.

Tipp: Ausführliche Informationen zur Berufung und zur

Rechtsstellung als ehrenamtlicher Richter gibt es möglicherweise auch auf der Internetseite des Justizministeriums Mecklenburg-Vorpommern: www.mv-justiz.de

 

 

Rechtsgrundlage(n)

  • Artikel 97 Abs. 1 Grundgesetz (GG)
  • § 5 Finanzgerichtsordnung (FGO)
  • § 10 Finanzgerichtsordnung (FGO)
  • §§ 16 ff Finanzgerichtsordnung (FGO)
  • § 44 ff Deutsches Richtergesetz (DRiG)
  • § 10 Landesrichtergesetz (LRiG M-V)
  • §§ 5 bis 7 JVEG
  • §§ 15 bis 18 JVEG

 

Voraussetzungen

Der ehrenamtliche Richter muss Deutscher sein. Er soll das 25. Lebensjahr

vollendet und seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche oder berufliche

Niederlassung innerhalb des Finanzgerichtsbezirks haben.

Von dem Amt ausgeschlossen ist, wer

  •  infolge Richterspruchs die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt oder gegen den Anklage wegen einer Tat erhoben worden ist, die den Verlust dieser Fähigkeit zur Folge haben kann,
  •  wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder innerhalb der letzten zehn Jahre wegen einer Steuer- oder Monopolstraftat verurteilt worden ist, soweit es sich nicht um eine Tat handelt, für die das nach der Verurteilung geltende Gesetz nur noch Geldbuße androht,
  •  nicht das Wahlrecht zum Landtag besitzt.

HINWEIS: Personen, die in Vermögensverfall geraten sind, sollen

nicht zu ehrenamtlichen Richtern berufen werden.

Zu ehrenamtlichen Richtern können wegen des Prinzips der Gewaltenteilung

nicht berufen werden:

  •  Bundestags-/Landestagsabgeordnete
  •  Mitglieder des Europäischen Parlaments
  •  Mitglieder der Bundesregierung oder der Landesregierung
  •  Richter, Beamte und Angestellte der Steuerverwaltungen des Bundes und der Länder
  •  Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit
  •  Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Steuerberater, Vorstandsmitglieder von Steuerberatungsgesellschaften, die nicht Steuerberater sind, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Personen, die fremde Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig besorgen

 

Verfahrensablauf

Die ehrenamtlichen Finanzrichter werden vom Wahlausschuss jeweils auf fünf

Jahre aus einer Vorschlagsliste gewählt, die in jedem fünften Jahr vom

Präsidenten des Finanzgerichts aufgestellt wird.

Der Präsident des Finanzgerichts bestimmt die erforderliche Zahl von

ehrenamtlichen Richtern, und zwar derart, dass voraussichtlich jeder zu

höchstens zwölf ordentlichen Sitzungstagen im Jahr herangezogen wird. Besondere

Sach- oder Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.

 

 

Hinweise (Besonderheiten)

Der ehrenamtliche Richter ist grundsätzlich zur Übernahme des Amtes

verpflichtet.

Die Berufung in dieses Amt kann nur ausnahmsweise abgelehnt

werden. Dazu sind berechtigt:

  • Geistliche und Religionsdiener
  • Schöffen und andere ehrenamtliche Richter
  • Personen, die zwei Amtsperioden lang als ehrenamtliche Richter beim Finanzgericht tätig gewesen sind
  • Personen, die das 65. Lebensjahr erreicht haben
  • Ärzte, Krankenpfleger, Hebammen und Apothekenleiter, die keinen Apotheker beschäftigen

HINWEIS: In besonderen Härtefällen (z.B. Gebrechlichkeit,

vorwiegender Tätigkeit im Ausland oder bei Betreuungsbedürftigkeit

minderjähriger Kinder) kann auf Antrag von der Übernahme des Amtes befreit

werden. Die Entscheidung trifft der hierfür zuständige Senat des Finanzgerichts.

Die ehrenamtlichen Richter erhalten für ihre Tätigkeit eine Entschädigung

nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Diese umfasst

  • Fahrtkostenersatz,
  • Entschädigung für Aufwand,
  • Ersatz für sonstige Aufwendungen,
  • Entschädigung für Zeitversäumnis,
  • Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung sowie
  • Entschädigung für Verdienstausfall.

 

Fachlich freigegeben durch

Dieser Text wurde freigegeben durch das Justizministerium

Mecklenburg-Vorpommern. Stand: 8.8.2007

 

 

Zuständige Stelle

für die Berufung als ehrenamtlicher Richter beim Finanzgericht

Mecklenburg-Vorpommern: ein Wahlausschuss, bestehend aus dem Präsidenten des

Finanzgerichts, einem von dem Finanzministerium zu bestimmenden Beamten der

Landesfinanzverwaltung und sieben vom Landtag gewählten Vertrauensleuten

 

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